
Berufsunfähigkeitsversicherung: Doch keine Zeitenwende in 2025
Positive Entwicklungen bei Versicherungsbedingungen
Im Jahr 2024 gab es einige Neuerungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Besonders im Fokus standen der Verzicht auf die sogenannte konkrete Verweisung und Erleichterungen bei der Prüfung der Umorganisation für Selbstständige.
Einige Versicherer, darunter die HDI und die Bayerische, verzichteten bei neuen Verträgen auf die konkrete Verweisung. Diese Klausel erlaubt es Versicherern, berufsunfähige Personen auf eine andere zumutbare Tätigkeit zu verweisen, die ihrem Bildungsniveau und ihrer Erfahrung entspricht. Kritikerinnen und Kritiker hatten befürchtet, dass der Wegfall dieser Regelung das System destabilisieren könnte. Doch bisher hat sich gezeigt, dass die meisten Anbieter an der bewährten Regelung festhalten, was für Stabilität und Verlässlichkeit im Markt sorgt.
Auch bei der Prüfung der Umorganisation von Betrieben gab es Änderungen. Die Condor verzichtete darauf, diese Prüfung bei Selbstständigen durchzuführen. Diese Anpassungen wurden von vielen als Schritt in Richtung Kundenfreundlichkeit wahrgenommen.
Höchstrechnungszins sorgt für Anpassungen
Der Höchstrechnungszins, ein wichtiger Faktor in der Kalkulation von Versicherungsprämien, wurde zum Jahreswechsel 2025 von 0,25 Prozent auf 1,00 Prozent angehoben. Diese Maßnahme führte dazu, dass viele Versicherer ihre Tarife anpassen mussten.
Die Anpassung des Zinses führte zu einer proportionalen Reduktion der Überschussbeteiligung. Während die Standardanpassung eine Kürzung um 0,75 Prozentpunkte vorsah, zeigten sich einige Versicherer kulanter. So reduzierte die Universa ihre Überschussbeteiligung lediglich um 0,25 Prozentpunkte, die Hannoversche um 0,45 Prozentpunkte und die Ergo um 0,30 Prozentpunkte. Dies wirkte sich positiv auf die Höhe der möglichen BU-Rente im Leistungsfall aus.
Erleichterungen für Selbstständige und Kleinbetriebe
Selbstständige und Kleinbetriebe profitierten von weiteren Erleichterungen. Viele Versicherer erhöhten die Grenze für den Verzicht auf die Prüfung der Umorganisation in Kleinbetrieben von fünf auf zehn Mitarbeitende. Diese Regelung ist besonders wichtig, da sie es kleinen Unternehmen erleichtert, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, ohne umfangreiche Nachweise erbringen zu müssen.
Darüber hinaus wurde die Möglichkeit des Verzichts auf die Umorganisationsprüfung erweitert. Viele Anbieter ermöglichten dies nicht mehr nur Akademikerinnen und Akademikern, sondern auch Personen, die mindestens 90 Prozent ihrer Arbeitszeit mit kaufmännischen oder organisatorischen Tätigkeiten verbringen. Dies macht die Versicherung für eine breitere Zielgruppe attraktiver.
Schnellerer Leistungszugang für Versicherte
Ein großer Fortschritt für Versicherte ist die Einführung des vereinfachten Anerkenntnisses der Berufsunfähigkeit bei Vorliegen einer Erwerbsminderung. In Fällen, in denen die gesetzliche Rentenversicherung bereits eine (volle) Erwerbsminderung festgestellt hat, verzichten immer mehr Versicherer auf zusätzliche Prüfungen.
Diese Änderung führt zu einem deutlich schnelleren Zugang zu den BU-Leistungen. Gerade in schwierigen Lebenssituationen ist dies für die Versicherten eine immense Erleichterung.
Herausforderungen: Kosten und Bewusstsein
Trotz dieser positiven Entwicklungen bleiben einige Herausforderungen bestehen. Eine Studie der MetallRente zeigt, dass viele Menschen in Deutschland, insbesondere Frauen und junge Erwachsene, den BU-Schutz als zu teuer empfinden. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, sich diesen wichtigen Schutz nicht leisten zu können. Bei Frauen lag der Anteil sogar bei fast zwei Dritteln.
Ein weiteres Problem ist das mangelnde Bewusstsein für die eigenen Risiken. Obwohl jede vierte Person in ihrem Berufsleben von einer Berufsunfähigkeit betroffen ist, schätzen nur 29 Prozent der Befragten dieses Risiko realistisch ein. Vor allem junge Menschen glauben oft, dass sie von diesem Problem nicht betroffen sein könnten.
Fazit: Stabilität mit Verbesserungspotenzial
Der Berufsunfähigkeitsmarkt zeigte sich 2024 stabil. Die befürchtete „Zeitenwende“ blieb aus, was für Versicherte und den Markt eine positive Nachricht ist. Die neuen Regelungen machen den BU-Schutz für viele Menschen zugänglicher und verbessern die Leistungsprozesse.
Gleichzeitig bleibt die finanzielle Zugänglichkeit eine große Hürde. Versicherer, Vermittlerinnen und Vermittler sowie die Politik sind gefragt, Lösungen zu entwickeln, die es mehr Menschen ermöglichen, sich gegen Berufsunfähigkeit abzusichern. Es gilt, das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Versicherung zu stärken und gleichzeitig Hürden wie hohe Kosten abzubauen.